Ich habe die erste Testfahrt (340 km) mit dem BMW-Navigator-V hinter mir. Kurz zusammengefasst: Ich bin recht angetan. Sicher ist die eine oder andere Stelle gewöhnungs- oder verbesserungsbedürftig, aber das ist ja immer so mit neuen Geräten.
Ich komme vom Garmin Zumo 660 (seit 2009 mehr als 100.000 km, vorher GPSMap276) und habe mir schon lange ein Gerät mit Internet-Verbindung gewünscht. So ein connected device kann dann eben aktuelle Daten aus dem Internet zu Verkehr, Wetter oder Radarinfos bereitstellen.
Getestet habe ich an meiner K1300R (also ohne die Anzeige von Fahrzeugdaten) aber ansonsten voll elektronifiziert mit Bluetooth-Headset und Smartlink (Internet-Verbindung über Android App Garmin Smartlink auf dem Samsung Galaxy S4). Vorher musste und wollte ich mich auch etwas in BaseCamp einarbeiten. Mit dem alten Gerät habe ich noch MapSource genutzt. Routenplanung war kein großes Ding. Übertragung der Route von BaseCamp auf das Gerät ging auch reibungslos.
Außerdem: 20 GB Musik mit Playlisten passen gut auf die 32 GB SD-Karte und Kartendaten von ganz Europa und ganz Nordamerika passen zusammen in den internen Speicher.
Gut gefallen haben mir die verbesserten Ansagen. Jetzt heißt es z.B. "An der Ampel rechts" oder "Am Stoppschild links" oder "Am Ende der Straße rechts" (Einmündung). Die Kartendarstellung ist flott und für mich sehr gut ablesbar. Wenn man die Kartenebene "POIs entlang der Route" abschaltet, ist es auch sehr übersichtlich (in Berlin ist die Karte mit POIs nur so gepflastert).
Wetterradar war auf der Karte gut sichtbar – zusammen mit der Route. Eine Routing-Option "trockene Fahrt" oder "Umleitung Regen" wäre für die Zukunft denkbar.
Verkehrswarnungen hatte ich am Sonntag natürlich nicht so viele. Die werden dezent über ein transparentes Symbol links eingeblendet und können dort abgerufen werden.
Radarinfos gab es zu häufig – insbesondere in Bezug auf die mobilen Kontrollen. Ich vermute, dass Einträge zu lange in der Datenbank bei Garmin verbleiben. Jedenfalls habe ich keinen der mobilen Blitzer gesehen. Die stationären wurden zuverlässig angekündigt.
Das Display ist sehr gut ablesbar, ist größer als beim Zumo 660 und die Darstellungsgeschwindigkeit ist sehr viel höher. Kartenmaßstab ändern geht sehr geschmeidig. Es gibt kaum Stellen mit Wartezeit (ich habe das nur an zwei Stellen gesehen: Routenberechnung dauert einen Moment, aber nicht wirklich lange und der Abruf von Wetterdaten dauert etwas – da bildet die Internetverbindung über das Telefon die Bremse). Die Oberfläche ist an die von Smartphones angepasst. Überall kann man wischen, ziehen oder eine Liste zum Rollen anstubsen und das ist daher ähnlich (un-)intuitiv wie unter iPhone/iOS oder Android.
Ein paar Ahas hatte ich auch.
Das Gerät verfügt wie das Zumo 660 über einen Auto- und einen Motorrad-Modus. Im Automodus habe ich die Optionen 3D-Kartendarstellung und Neuberechnung an und im Motorradmodus 2D-Kartendarstellung Fahrtrichtung oben und Neuberechnung aus. Nach dem Losfahren hatte ich immer den Auto-Modus und konnte mir das zunächst nicht erklären. Dann habe ich gemerkt, dass man den Routen sagen kann, ob sie im Auto- oder Motorradmodus gefahren werden sollen. Kaum umgestellt, war das Problem gelöst.
Ansagen und Routendarstellungen sind sehr präzise. Neu für mich war, dass bei überlappenden Routenabschnitten (wenn man Schleifen fährt), der aktuelle Routenteil in grell lila angezeigt wird und darunter der nicht aktuelle Routenteil in dunkel-lila. Damit kann man sich an einer Kreuzung, wo die Route in alle vier Richtungen eingemalt ist, viel besser orientieren.
Außerdem hat das Gerät immer wieder ein "Ding"-Warnton von sich gegeben (und damit meine Musik gestört). Hat lange gedauert, bis ich dahinter gekommen bin, dass das Tempowarnungen waren. Schnell abgestellt war ich den Spuk los.
Zunächst habe ich mich gewundert, wie umständlich es ist, den Reisecomputer abzurufen. Beim zumo 660 konnte man schlicht auf ein Datenfeld im Cockpitbereich unter der Karte tippen und war da. Jetzt schien das nur umständlich über das Einstellungsmenü zu gehen. Wenn man auf die Datenfelder tippt, bekommt man eine Auswahlliste (statt wie im Zumo einfach ein Datenfeld im Reisecomputer anzutippen). Hmm. Ausweg waren zunächst konfigurierbare Schaltflächen (zwei darf man auf die Karte legen). Dann habe ich mal auf das nicht änderbare Feld "Geschwindigkeit" getippt und schwupps war ich beim Reisecomputer. Na also.
Wenn man sich dem Ziel nähert, wird links eine transparente Schaltfläche eingeblendet, mit der man nach Parkmöglichkeiten um das Ziel herum suchen kann. Eigentlich keine schlechte Idee aber sehr albern im Motorrad-Modus. Als wenn ich mir jemals Gedanken über einen Parkplatz machen müsste.
Schöner als bisher gelöst ist die Kraftstoffverbrauchsverfolgung. Sowas brauche ich, wenn ich mit meinen Ducati-Kumpels unterwegs bin. Dann muss ich denen rechtzeitig sagen, wann sie tanken müssen. Beim Zumo 660 war das so, dass bei Erreichen der vergebenen Fahrstrecke ein rotes Tankstellensymbol das Mediaplayer-Symbol ersetzte. Über das Symbol kann man Tankstellen auf der Route suchen. Nur der Mediaplayer war nicht mehr direkt zugänglich. Jetzt erscheint ein transparentes Symbol auf der linken Seite der Karte, das zur benötigten Suche führt. Der Mediaplayer ist weiter erreichbar.
Der BMW-Halterung mit den 4 Tasten habe ich zunächst keine Beachtung geschenkt. Erst daheim habe ich gemerkt, dass man mit einer Taste direkt von überall her auf der Kartenseite landet. Das ist eine große Erleichterung. Sonst kann man höchstens durch längeres Drücken der Zurück-Schaltfläche direkt auf den Startbildschirm (Zielsuche/Karte) wechseln.
Putzig ist die Ansage, wenn man, nachdem man eine Route verlassen hat, wieder auf sie zurückkehrt (bei mir ist Neuberechnung ausgeschaltet). Dann ertönt zunächst "Bitte auf nächstgelegene Straße fahren."
In BaseCamp habe ich gelernt, dass man Zwischenziele zu Shaping-Points degradieren kann. Dazu klickt man doppelt auf einen Route und im Eigenschaftenfenster kann man dann pro Wegpunkt die Eigenschaft "kein Alarm" setzen. Damit erscheinen diese Wegpunkte nicht mehr in der Zwischenzielliste auf dem Gerät
Auf der Fahrt hat Garmin Smartlink nach Auskunft des Telefons ca. 1,2 MB Daten übertragen. Dabei waren mehrfache Abrufe von Wetter und Regenradar.
Ein paar Sachen sind noch etwas hakelig.
Bei mir blieb gern mal die Musik stehen. Insbesondere wenn sich eine Ansage mit einem Warnton überlagert hat, war anschließend die Musik aus. Und auch die letzte Abspielposition im Song war weg. Man darf das Lied nochmal hören. Zum Glück springt das Ding nicht auf den Anfang der Playlist.
Lautstärkeeinstellung ist ärgerlich umständlich. Wenn man im Mediaplayer auf Lautstärke geht, erhält man zunächst die Meldung, dass ein Bluetooth-Headset angeschlossen ist und man dort die Lautstärke einstellen möge. Super, wenn das in der Innentasche steckt. Dann kann man sich über Menü --> Einstellungen --> Audiomischpult mit gefühlten 87 Klicks zu eben jenem vorarbeiten und dort die Medienlautstärke und die Ansagelautstärke doch ändern. Das ginge viel leichter, wenn bei angeschlossenem Bluetooth-Headset direkt das Audiomischpult erscheinen würde.
Die Bluetoothverbindung zum Headset war halb weg (keine Musik aber Naviansagen), nachdem ich mich an der Tankstelle etwas weiter vom Gerät entfernt hatte. An sich ist das mir auch bekannt vom Zumo 660, dort war das aber kein Problem. Gerät aus, Gerät an, geht wieder. Hmm. Gerät aus geht jetzt nicht mehr. Der Ein-/Ausschalter ist von der BMW-Halterung verdeckt. Man kann das Gerät nicht aus- oder einschalten. Das geht nur automatisch mit Strom ein bzw. Strom aus (vom Motorrad). Ansonsten müsste man es aus der Halterung nehmen.
Lösung für das Bluetooth-Problem: EinstellungenBluetooth, Haken bei Bluetooth aktivieren weg und wieder hin.
Die Kopplung der Datenverbindung über die Smartphone-App Smartlink scheint etwas hakelig zu sein. Irgendwie mag sich mein Telefon nicht so gern per Bluetooth mit dem Navi verbinden. Nach vielen Versuchen ging es dann doch. Ich muss noch weiter forschen, wie ich das reproduzierbar hinbekomme. Bei einem weiteren Versuch im Wochenverlauf habe ich die Datenverbindung nicht hinbekommen. Die Bluetooth-Kopplung ging immer wieder verloren. Am letzten Sonntag auf der Ausfahrt war die Verbindung stabil (trotz gelegentlichem Bluetooth-An/Aus)
Für mich vollkommen neu war die Frage beim Start einer Route, zu welchem Zwischenziel man als nächstes möchte. Das kannte ich vom Zumo 660 nicht. Da startet man die Route und das Gerät findet selbst raus, wo man ist und fährt ab da. Höchstens bei Routenüberlappungen gab es da Probleme. Möglicherweise liegt das aber auch daran, dass die Route neu berechnet wurde, weil ich vom Auto- in den Motorradmodus gewechselt habe. Das werde ich noch erforschen.
Leider wie beim Zumo ist das Verhalten beim Verlust des Satellitensignals. Eine Messagebox mit der Nachricht, dass der Satellitenempfang schlecht ist, wird über den kompletten Bildschirm gelegt. Gerade dann, wenn ich die Karte am dringendsten brauche, weil ich keine Anweisungen mehr bekomme, wird sie mir weggenommen. Das ist sehr ärgerlich und könnte viel eleganter gelöst werden. Man könnte das Fahrzeug-Symbol ändern (passiert sowieso – blinkendes Fragezeichen) und man könnte im Nachrichtenbereich über der Karte eine Meldung einblenden – von mir aus auch blinkend.
Ich hätte gern die Ausschaltoptionen vom GPSMap276 zurück, die ich schon beim Zumo 660 vermisst habe. Man konnte wählen, ob das Gerät bei Abschalten der externen Stromversorgung ausgehen soll oder nicht. Ich will im Regelfall, dass das Gerät an der Tankstelle und bei Pausen einfach an bleibt. Damit wird der Gesamtschnitt nicht verfälscht. Seit dem Zumo 660 muss ich innerhalb von 30 Sekunden nach Abschalten der Stromversorgung sagen, dass das Gerät an bleiben soll. Wie funktioniert das bei der BMW: Stromversorgung am Steuergerät? Zündschlüssel raus, Tankschloss öffnen, Zapfpistole nehmen, Tanken starten (dabei Zapfpistole mit beiden Händen über dem Einfüllstutzen halten, damit genug Benzin reingeht). Eine Minute später schaltet sich der Strom ab. Hmm. Beide Händer belegt. Also Tanken unterbrechen, Schaltfläche "abbrechen" antippen, weitertanken. Noch blöder bei einem dringenden Pinkelstopp. Anhalten, Mopped abstellen, Warten, warten (Mann, so eine Minute ist lang), trippel, trippel, warten, trippel, endlich erscheint die Abschaltnachricht, "Abbrechen" tippen und schnell in den Wald.
Die Option müsste allerdings jetzt, da der Ein/Ausschaltknopf verdeckt ist, mit einer softwareseitigen Ausschaltoption kommen.
Insgesamt gesehen macht das Gerät im Wesentlichen was es soll und einige Dinge besser als das Zumo 660. Wie immer benötigt das Gerät Gewöhnung und Übung. Das war bei allen früheren Geräten (vom Streetpilot III über GPSMap276 und Zumo 660) nicht anders. Ich werde es gern behalten. Im Laufe der Zeit wird es sicher noch einige Verbesserungen durch Firmware-Updates geben.
Tom
P.S.: Ich werde das Posting auch in BMW-K-Forum und forum.garmin.de absetzen.