Hallo allerseits,
nachdem ich eine Weile lang passiver Mitleser dieses Forums war, um mich über die Vor- und Nachteile des Garmin Quest zu informieren, möchte ich mich damit revanchieren, die Erfahrungen auf meiner ersten Motorradtour mit dem Quest zu schildern.
1. Die Ausstattung:
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Garmin Quest mit Mapsource v.7
Touratech-Halterung für's Motorrad
Touratech-Kabel zum Anschluss des Quest an die Bordsteckdose und Klinkenbuchse für Helmlautsprecher oder Ohrhörer ist zwar bestellt, aber noch nicht da. Also muss es ohne gehen.
2. Die Vorbereitung:
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Wir wollen vom 05.05. (Vatertag) bis 07.05. eine schöne große Runde aus dem Ruhrgebiet Richtung Süden drehen. Also habe ich mit der MapSource-Software auf dem PC folgende Routen erstellt:
a) Von der A45-Anschlusstelle "Lüdenscheid Nord" gehts los durchs Sauerland, Bergisches Land, Eifel bis nach Trier.
Weiter durch den Hunsrück, Taunus, entlang der Lahn nach Marburg
c) durchs Rothaargebirge, Sauerland wieder zurück in den Ruhrpott.
Soweit, so gut. Dass die erste Etappe zu lang ist, war mir schon klar. Aber "schaun mer mal" wie weit man kommt. Man kann ja am nächsten Tag die Routen zu Ende fahren oder unterwegs umplanen.
Seit 2004 hatte ich einen Garmin GPS III+, mit dem ich sehr zufrieden war. Zwar konnte das Gerät keine Straßennavigation, aber man konnte prima eine Route von "Kaff zu Kaff" planen um sie anschließend abzufahren. Der III+ zeigt - mangels Strassenrouting - natürlich immer nur die Himmelsrichtung an, aber da fährt man als Motorradfahrer einfach da lang, wo die Strecke am vielversprechendsten aussieht und pfriemelt sich irgendwie zum nächsten WP durch.
Anfangs habe ich für den III+ die Touren immer von Abbiegung zu Abbiegung geplant, aber sehr schnell festgestellt, dass es das nicht bringt. Besser plant man in 10km oder 20km Etappen, weil man sonst zu sehr mit dem Garmin beschäftigt ist, anstatt auf die Straße zu achten.
So habe ich es auch mit dem Quest gehalten. Als Voreinstellung habe ich natürlich "Fernstraßen vermieden". Die eigentliche Route habe ich daher durch Anklicken der "Dörfer" auf dem Weg festgelegt. Dabei habe ich soweit wie möglich Bundesstrassen vermieden, indem ich über "Rückgängig" die Zwischenziele wieder entfernt habe, wenn der Routenplaner einen Weg über eine Bundesstrasse gewählt hat. An der Stelle habe ich dann weitere Zwischenziele abseits der Bundesstrassen gewählt, so dass die errechnete Route wieder über echte Landstraßen geht. Ich habe also nur die Dörfer als Zwischenziel angegeben, die notwendig waren, um den Garmin zur Tourenplanung auf die Strecken zu zwingen, die ich fahren wollte.
3. Die Tour:
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Zunächst musste ich meine 2 Mitreisenden einsammeln, deren Wohnungen nicht auf der geplanten Route lagen. Daher hat der Quest mehrfach eine Neuberechnung durchgeführt.
Als wir dann endlich auf der Autobahn A45 waren um zu o.g. Anschlusstelle zu fahren, hat sich der Quest völlig "aufgehängt". Im Nachhinein kann ich feststellen, dass aber der komplette Track mitgeschrieben wurde. Durch mehrmaliges Drücken auf den Ein/Ausschalter liess sich der Quest wieder reaktivieren. Allerdings beginnt wieder eine neue Track-Aufzeichnung nach dem Aus-/Einschalten, daher hat man nachher mehrere Tracks einer Tour!
Auf der Tour hat sich der Quest immer mal wieder "aufgehängt", d.h. er lies sich nur durch Ein-/Ausschalten wieder zum Leben erwecken. Dies geschah oft in Situationen, in denen ich absichtlich oder unabsichtlich die Route verlassen hatte. Dann hat er angefangen neu zu berechnen, um anschließend festzustellen, dass ich in der Zwischenzeit schon wieder woanders war (ich bin ja weitergefahren) und wieder neu zu berechnen usw.
Kurz vor Ende der ersten Tagestour ist der Quest dann komplett abgestürzt. Die Belechtung war an und auf dem Display wurde der letzte Kreuzungsbereich angezeigt. Der Quest hat auf keinen Tastendruck mehr reagiert und lies sich auch nicht ausschalten. Im Laufe des Abends hat er sich dann zwangsabgeschaltet als der Akku leer war. Ungefähr zeitgleich habe ich dann durch Herumtelefonieren (danke an Jens, der für mich gegooglet hat) herausgefunden, dass der Quest durch gleichzeitiges Drücken der Power- und In-Tasten zu resetten ist. Diese Tastenkombination ist Gold wert, denn ich habe sie auch am zweiten Tag nochmal benötigt.
Anscheinend hängen die „Aufhänger“ irgendwie mit der Länge oder der Komplexität der Tour zusammen, denn die o.g. letzten beiden Etappen hat der Quest ohne weitere Hänger durchgehalten?!?
Natürlich habe ich mit dem Quest die Führung unserer kleinen Truppe übernommen. Aber schon am ersten Tag haben sich meine Kollegen beschwert, dass ich "nicht bei der Sache" sei. In der Tat lenkt der Quest beim Motorradfahren sehr ab. Ich habe zwar die Zwischenstationen in weiten Abständen geplant, aber der Quest sagt natürlich alle Abzweige an. Und wenn man - wie wir - hauptsächlich kleine Land- und Kreisstraßen fährt, ergeben sich viele Abbiegevorgänge. Von Gießen nach Dortmund über die A45 wäre im Gegensatz dazu natürlich eine einzige 140km lange Strecke ohne Abbiegung. Ich hoffe, dass dies mit Helmlautsprecher oder Ohrhörer besser wird, weil man die Abzweige angesagt bekommt und nicht mehr auf den Bildschirm schauen muss. Ich war immer froh, wenn die Strecke bis zum nächsten Abzweig 3km oder mehr betrug, dann konnte man sich mal wieder eine Weile lang ganz dem Fahren widmen. Meist sind es aber nur 500m bis 1000m Etappen, da schaut man leider mehr auf den Bildschirm als auf die Straße...
Allerdings kommt man ohne Blick auf den Bildschirm auch nicht aus, denn das Kartenmaterial ist abseits der großen Verbindungsstraßen erstaunlich schlecht. Oft hat mir der Quest 3, 4 oder 5 Pfeile ins Bild gemalt, um mich durch einen kleinen verwinkelten Ort zu lotsen. In Wirklichkeit stellt sich das alles als normaler Straßenverlauf heraus, also viel Aufsehen um nichts. Das lenkt SEHR ab!
Andererseits steht man oft vor einer Kreuzung, an der man nicht weiß wo es langgehen soll und der Quest gibt keinen Pieps von sich. Da braucht man schon die Kartenansicht zur Entscheidung. Zudem habe ich die Karte "North up" eingestellt, da ich schon gerne weiß in welche Richtung man fährt. Deswegen bin ich an einigen Ecken an denen der Quest nicht hilft falsch abgebogen. Vielleicht sollte ich es mal mit "Track up" versuchen. Noch eine erstaunliche Sache am Rande: Der Quest wollte mich durch einen Kreisverkehr lotsen, der noch gar nicht vorhanden, sondern erst im Bau war.
Auch aus diesem Grund habe ich den Kartenmaßstab während der Fahrt auf 300m eingestellt. So sieht man prima, wo es weiter geht, wenn der Quest keine Angaben macht. Außerdem sieht man Kreuzungen, Kurven und Kehren detailliert voraus. Das ist beim Motorradfahren schon sehr hilfreich. Aber: Um die Routen festzulegen, habe ich – wie schon gesagt - viele Dörfer als Zwischenziele definiert. Wenn nun so ein Dorf nicht voll auf der Route, sondern nur „nebendran“ liegt, plant der Quest immer einen Abstecher zum Ortsmittelpunkt. Aufgrund des 300m-Maßstabs kann man diese Abstecher nicht immer erkennen. So sind wir oft kopfschüttelnderweise in irgendein Dorf rein und wieder rausgefahren.
Apropos Einstellung: Mit meinen dünnen Sommerhandschuhen ist es schon schwierig den Quest zu bedienen. Erst Recht während der Fahrt. Aber es war die letzten 3 Tage leider oft sehr naß und kalt, daher bin ich mit den dickeren Herbst/Winterhandschuhen gefahren. Damit ist die Bedienung der Knöpfe definitiv nicht möglich.
4. Fazit:
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Wenn man sich an die kleinen Schwächen des Geräts erstmal gewöhnt hat, kommt man prima mit dem Quest klar, im Großen und Ganzen hat er uns prima durch das unbekannte Terrain gelotst. Ich habe auf der Tour einen deutlichen Lerneffekt gehabt, mittlerweile genügt ein Blick um zu wissen was Sache ist. Ich erhoffe mir eine deutliche Verbesserung durch den Lautsprecheranschluss. Bei Nässe ist der Bildschirm leider sehr schlecht abzulesen, man sollte einen möglichst geschützten Platz am Motorrad wählen.
In Zukunft werde ich das Gerät auf Touren von morgens bis Abends eingeschaltet lassen. So erhält man den gefahrenen Track an einem Stück. Bestimmt kann Teile mit der Mapsource-Software nachträglich wieder zusammenfügen, aber so isses einfacher. Die Akkuleistung reicht für einen langen Tag aus. Ich hatte Abends immer noch mindestens 50% Akkuladung (außer natürlich am ersten Abend nach dem Totalabsturz).
Apropos Trackspeicher: Nach 3 Tagen war der Trackspeicher zu 67% voll. Wir sind 880km „klein klein“ gefahren, Track-Einstellung auf „automatisch“.
Noch ein Wort zur Robustheit. Nach fast 4 Wochen sieht der Quest benutzter aus, als sein Vorgänger (GPS III+) nach über einem Jahr! Das Gehäuse hat schon einige deutliche Kratzspuren, der Bildschirm sieht stellenweise schon „abgewetzt“ aus! Auch mit Glasreiniger ist dies nicht mehr zu beseitigen. Wenn ich mich vom Motorrad entferne, stecke ich das „pocket sized car navigation“ natürlich in die Jackentasche. Dass da drin noch Handy, Schlüssel, Feuerzeug usw. ist, scheint dem Quest nicht gut zu bekommen. Da hat Garmin echt Mist produziert, ich kann euch an dieser Stelle nur zum Kauf eines „Handy-Täschchens“ raten.
So, genug geschrieben. Ich hoffe, der eine oder andere kann mit meinen Schilderungen was anfangen.
Gruß
Matthias
P.S.: Über die Touratech-Halterung kann ich nicht klagen, das Teil ist echt spitze!