Hallo zusammen,
Vor über 6 Jahren hatte ich mir ein Garmin eTrex Vista HCx gekauft und nutzte es für eine Deutschlanddurchquerung mit dem Rennrad (siehe meinen Bericht hier). Seither war das kleine Ding bei allem, was mehr als eine kleine Abendrunde war, immer mit an Bord, auf dem Rennrad, Reiserad und Mountainbike, und es hat mir dabei immer treue Dienste geleistet. Auch habe ich in der Zwischenzeit mehrere solche mehrtägigen Rennradtouren gemacht, verwendet habe ich dabei fast ausschließlich die OSM-basierende Velomap.
Nun habe ich auf der derzeitigen Rennradtour mein HCx geschrottet (Mischung aus eigener Unachtsamkeit und unglücklichen Umständen...). Was tun? Auf dem Rennrad ohne Lenkertasche in einer unbekannten Region ist es mit Papierkarten sehr lästig, unterwegs immer anhalten zu müssen; zudem sind auf diesen viele nützliche Informationen nicht enthalten (z.B. die Angabe ob ein Weg asphaltiert ist, ohne diese Informationen wäre ich auf Autostraßen beschränkt). Das Smartphone mit OsmAnd~ war für ein paar Stunden ein Notbehelf, doch ständig anhalten zu müssen, um es aus der Tasche zu ziehen, ist arg nervig und die Wasserdichtigkeit möchte ich nicht testen. Daher entschied ich mich gegen eine Smartphone-Halterung fürs Rennrad und für ein neues Navi.
Also einen Umweg über den nächsten Elektronik-Großmarkt gemacht, über die geballte Inkompetenz der dortigen Verkäufer nicht mehr wirklich gestaunt, und nach einem kurzen Test, ob die SD-Karte mit der Velomap drauf erkannt wird, ein eTrex 30x mitgenommen. Wunder habe ich keine erwartet, aber dass mich das Ding in vielen Bereichen so sehr frustrieren würde, hatte ich dann so doch nicht befürchtet gehabt. Ein kleiner Teil liegt sicher an meiner mangelnden Erfahrung mit diesem Modell, doch der größte Teil am Gerät selbst (bzw. seiner Software).
(Wer sich die folgende Liste durchliest und einen Tipp hat, wie die eine oder andere Unzulänglichkeit doch zu beseitigen ist, darf dies gerne melden – vielleicht sind auch andere Leser dankbar für diese Informationen. Firmware ist die 2.30.)
Zur Hardware: Himmel hilf, was ist das Ding lahm! Zwischen dem HCx und dem 30x liegen doch satte 8 Jahre CPU-Weiterentwicklung, und Stromsparen hin oder her: In der Zwischenzeit hat sich doch viel an der CPU-Front getan, die Smartphones machen es vor. Warum schafft es Garmin nicht, die aktuelle Entwicklung zu nutzen? Insbesondere das Scrollen per Joystick wird zum Geduldsspiel, beim Zoomen ist es nicht viel besser. Das HCx fühlte sich trotz seines Alters flüssiger an.
Und das Display: Irgendwann unterwegs dachte ich mir mal, "es sieht so finster aus, machen wir mal die Hintergrundbeleuchtung an". Doch oh Schreck: Die war schon an, auf halber Stufe, und auf voller Stufe wurde es nur wenig besser. Zugegeben, ich bin stark fehlsichtig und habe insbesondere mit schwachen Kontrasten Probleme, daher fällt es mir besonders schwer, den Vorteil des wirklich guten transflexiven Displays des HCx aufzugeben, auch wenn ich mich im Laufe der Tage ein ganz klein wenig an die düstere Darstellung gewöhnt habe, zumindest wenn ich die Hintergrundbeleuchtung deutlich länger auf 100% gelassen habe, als ich es von HCx kannte. Dies wurde gegen Tagesende dann manchmal mit einer "Batterie schwach"-Meldung quittiert (2x Eneloop 1900 mAh). Der Vorteil der höheren Auflösung wird bei aktivem Routing sowieso wieder zunichte gemacht (s. u.).
Den Batteriefachdeckel finde ich ebenfalls weniger gelungen: Er ist weit fummeliger zu schließen, und vor allem ist die Rückseite nicht mehr plan, was die Befestigung in der Rucksackhalterung auf meinem Vorbau deutlich wackliger macht als beim HCx.
Die Benutzerfreundlichkeit hat in vielen Punkten sehr stark nachgelassen. Ich habe den Eindruck, deutlich mehr herumklicken zu müssen, um irgendetwas zu erreichen, und immer wieder denke ich "Welch ein Hirnriss. Beim HCx war dies viel besser gelöst". Beispiele sind das Markieren eines beliebigen Wegpunkts (nicht des aktuellen), oder die Anzeige der Gesamtdistanz eines Routings (warum zum Henker wird diese nicht mehr auf der Seite "Aktive Route" angezeigt, so dass man auf den Reisecomputer umschalten muss?). Oder die Tatsache, dass wenn kein Routing aktiv ist, die leere Seite "Aktive Route“ dennoch in der Seitenfolge angezeigt wird, so dass man diese dann unnütze Seite jedesmal überspringen muss. Oder der Start einer Route nach Erstellen derselbigen. Und, eine heftige Spaßbremse: Warum wird bei den Abbiegehinweisen die Entfernung zum nächsten Abbiegepunkt nicht mehr angegeben? Bei zwei aufeinanderfolgenden Abzweigen in dieselbe Richtung ist es schwer bis unmöglich, herauszufinden, welche davon gemeint ist, zumal bei den Abbiegehinweisen nicht mehr wie beim HCx eine gezoomte Ansicht erscheint. So bin ich doch öfters an einem Abzweig zunächst vorbeigefahren, um dann wieder zurückzufahren zu müssen, als ich bemerkte, dass es doch die falsche war.
Weiter: Warum werden bei der Uhrzeit beim Klick auf die "Light"-Taste die Sekunden nicht mehr angezeigt? Denkt Garmin, dass dem durchschnittlichen Benutzer neuerdings eine 6-stellige Uhrzeit nicht zuzumuten ist? Jetzt hat man (neben den vielen ungenauen Uhren in Kamera, Smartphone usw.) im Navi eine ultrapräzise Uhr an Bord und dann werden keine Sekunden angezeigt
Über den Umgang mit Annäherungsalarmen könnte ich einen eigenen Roman schreiben - welch ein Unfug, der da praktiziert wird.
Was sich auch als sehr ungünstig erwies (und ich so vom HCx nicht so in Erinnerung habe, dort wäre es mir aufgefallen, da dies eben sehr nervt): Eine angezeigte Route überdeckt die Straßen auf der Karte vollständig. Das macht es schwer bis unmöglich, die Straßenart zu erkennen und das Routing ggfs. via Zwischenwegpunkte korrigieren zu können (z.B. um 20 km Bundesstraße durch 25 km Landstraße zu ersetzen oder Tracks ohne Angabe zur Wegbeschaffenheit zu umfahren - die Velomap routet leider auch bei Vermeidung "Ungeteerte Straßen" über Tracks ohne weitere Angaben, was in den Ländern, in denen ich damit bisher gefahren bin, zu über 90% über nicht rennradtaugliche Wege führt).
Auch der Umgang mit der Langsamkeit der CPU hat sich dramatisch verschlechtert. Beim manuellen Scrollen und Zoomen erscheinen zunächst große einfarbige Flächen, bis der Bildschirm neu aufgebaut wird, und der Wegzeiger springt in Rasterstufen, was es deutlich schwerer macht, einen bestimmten Punkt anzusteuern, z.B. um dessen Eigenschaften abzulesen. Auch das war beim HCx deutlich besser gelöst, trotz der ebenfalls sehr behäbigen CPU.
In den Einstellungen lassen sich einige sehr nützliche Dinge nicht mehr konfigurieren:
- Kann man nicht mehr einstellen, dass ab einer bestimmten Zoomstufe die Kartenansicht genordet ist? Das fand ich sehr nützlich beim Herauszoomen und Scrollen zu einem weiter entfernten Punkt. Jetzt darf ich das Ding drehen, bis Norden oben ist und den Kartenzeiger etwas bewegen, damit es so bleibt...
- Beim HCx konnte man einstellen, dass bei aktivem Routing der Führungstext nur bei Abbiegehinweisen erscheint (Einstellung "Nie"!). Dies geht offenbar beim 30x nicht mehr – entweder erscheint der Führungstext nie oder immer, bei langen Strecken ohne Abbiegehinweis geht permanent unnötig Platz verloren, was den Nutzen der höheren Auflösung endgültig kaputtmacht.
- Wo ist eigentlich der Kreis um den Kartenzeiger geblieben, der auf dem HCX die Genauigkeit angibt? Selbst unter ungünstigen Empfangsbedingungen in Gebäuden ist ein solcher nie erschienen. Lasst mich raten: Den gibt's auch nicht mehr.
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Wegpunkte löschen: Ich habe auf dem HCx gerne die Möglichkeit genutzt, unterschiedlichen Arten von Wegpunkten unterschiedliche Symbole zu geben. Nicht nur der Übersichtlichkeit halber, sondern vor allem, weil man sie auf diese Weise gruppenweise löschen konnte. Diese Möglichkeit habe ich ebenfalls nicht mehr gefunden, es geht nur noch einzeln oder alle löschen.
Zudem gibt es ein paar mehr oder weniger üble Bugs, bei Interesse poste ich eine Liste davon hier. Manche davon sind so offensichtlich, dass ein Tester, der nur eine Stunde mit dem Gerät herumgespielt hätte, sie hätte bemerken müssen. Von der deutschen Übersetzung und den krampfhaften Abkürzungen möchte ich gar nicht erst anfangen, beim HCx war auch diese viel besser.
Das Routing selbst hat auch Fehler, die ich auf dem HCx so nie beobachtet habe - mal erscheinen Pfeile ohne Text, mal gar keine Pfeile, und, ganz übel: Oft fehlte die piepsende Alarmierung (sowohl mit der Velomap als auch mit der mitgelieferten "Garmin TopoActive West Europe"), was sehr hinderlich ist, da ich häufiger als nötig auf das Display schauen muss.
Das Goto-Routing ist zumindest mit der Velomap häufig defekt: Das initiale Routing funktioniert noch, aber wehe, man weicht vom Weg ab. Dann wird neu geroutet, und zwar "irgendwohin": Der ursprüngliche Zielpunkt wird durch einen Punkt namens "Partial" ersetzt, der auch hinter einem liegen kann, und aus einer Strecke von z.B. 25 km wird plötzlich eine Acht von 7 km. Habe das ein paar Mal beobachtet, reproduzierbar war es nicht, und wenn vorher eine Route eingegeben wurde, trat das Problem nie auf.
So, genug aufgeregt. Viele dieser Punkte sind softwarebedingt und wären durch eine bessere Firmware aus der Welt zu schaffen, allein bezweifle ich, dass dies geschehen wird - insbesondere an den kastrierten Funktionen und der umständlicheren Bedienung wird Garmin wohl kaum etwas ändern, denn wenn der Wille wirklich da wäre, hätten sie es ja von Anfang an tun können.
Fazit:
Für mich ist der Umstieg vom HCx auf das 30x mit einem deutlichen Rückschritt verbunden. Mag sein, dass für andere Anwendungszwecke (Wandern? Geocaching? Abfahren von am PC vorbereiteten Routen/Tracks?) das Gerätchen nützlicher sein wird als für mich, doch in der derzeitigen Fassung ist für mich der Nutzen sehr begrenzt. Schade.