"Der Kapitalismus zerstört die Empathie." Renata Schmidtkunz spricht mit Wolfgang Schmidbauer, Psychotherapeut
1827 veröffentlicht der deutsche Dichter Wilhelm Hauff das Märchen "Das kalte Herz". Es erzählt die Geschichte des Peter Munk, der im Schwarzwald eine Köhlerei betreibt und davon träumt, viel Geld zu haben und respektiert zu werden. Dieser Wunsch lässt ihn einen Pakt mit einem Waldgeist eingehen, der ihn und seine Familie fast zerstört.
Der in München lebende Psychotherapeut Wolfgang Schmidbauer, bekannt durch Bücher wie "Die hilflosen Helfer" oder "Psychologie des Terrors", nimmt dieses Märchen in seinem neuen Buch "Das kalte Herz" als Ausgangspunkt, um darüber nachzudenken, wie in der Konsumgesellschaft die seelische Reife leidet und die moderne Geldwirtschaft gegen die Gefühle der Menschen arbeitet. Der Kapitalismus, sagt Schmidbauer, zerstört die Fähigkeit zur Empathie, also die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzudenken und einzufühlen. Die Folge der Sehnsucht oder Gier nach mehr ist die Selbstzerstörung.
Schmidbauer war einer der ersten Kritiker der Konsumgesellschaft aus ökologisch-psychologischer Sicht (Homo consumens, 1972; Jetzt haben, später zahlen, 1995).
Im Gespräch mit Renata Schmidtkunz analysiert er, wie die Ökonomisierung unserer Lebenswelt auch unsere menschlichen Beziehungen verändert.